Entspannung
Autor: Mag. Günther Zier, Psychologe
Inhalt:
Hohe Stressbelastung durch Krisensituation
Milderung der Stressbelastung und Angst
Entspannung für die Psyche
Entstressung
Angstlöschung
Methoden der Entspannung
Meditation
Mantra-Meditation
Progressive Muskelentspannung nach JACOBSON
Vorteile der
Progress.Muskelentspannung
Autogenes Training

Entspannung
Entspannung ist in einer
Krisensituation sehr wichtig. Stress, hohe Betriebsamkeit, schlaflose Nächte
und nervende Bürokratie zehren an den Kräften des Menschen in der Krise.
Für
den Organismus ist der hohe StressLevel zunächst sehr hilfreich, die ersten
auftretenden Belastungen zu meistern. Genau darin liegt der Sinn der
Stressreaktion: Den Organismus kurzfristig alle Reserven zur Verfügung zu
stellen, um beim Kampf ums Überleben zu gewinnen oder erfolgreich zu
flüchten. Mit „kurzfristig“ ist eine Zeitspanne von Stunden bis Tage
gemeint. Aber für eine hohe Stressbelastung über Wochen, Monate und sogar
Jahre, ist unser Körper nicht ausgelegt.
Aber Krisen, die unsere Gesellschaft
produzieren, können sich auch über größere Zeiträume ausdehnen. Eine so
lange dauernde Stressbelastung macht den Organismus krank – körperliche
Schäden und psychische Störungen, wie z. B. Angst und Panikattacken, sowie
Depressionen können folgen.
Wie kommt es zu der hohen Stressbelastung?
In der Entwicklungsgeschichte der
Menschheit (mehrere 100.000 Jahre) war es immer wichtig, möglichst schnell
einer Bedrohung zu entkommen. Im Kampf ums Überleben gegen Raubtiere sind
reflexartige Reaktionen enorm wichtig. Die Stressreaktion musste den Körper
zu Kampf und/oder Flucht möglichst schnell mit allen Energiereserven
vorbereiteten, um das Überleben zu sichern. Dies macht der Körper durch
seine Stressreaktionen und sie läuft automatisch ab.
Ein Beispiel, wie sich zu Urzeiten die Stressabläufe
abgespielt haben könnten:
Stressbelastung eines Urzeitjägers
Im Laufe der menschlichen Entwicklung
kam etwas Neues dazu: Unsere Denkfähigkeiten wurden immer besser. Der
intelligente Mensch konnte sich nun eine Gefahr vorstellen und sich in
Gedanken damit vorbeugend auseinandersetzen, wie sie zu meistern wäre. Darin
lag einer der kräftigsten Impulse zur Verbesserung der Denkfähigkeit. Immer
wieder konnten die Urzeit-Menschen in Gedanken eine schon bewältigte,
gefährliche Situation durchdenken und Pläne für zukünftige Meisterung der
Gefahr entwickeln.
Höchstwahrscheinlich war es früher
ein Vorteil für das Überleben, dass auch schon die Vorstellung einer Gefahr
im Körper eine Stressreaktion auslöste.
Nun kam in der letzten kurzen Zeit
der menschlichen Entwicklung eine enorme Steigerung unserer Denk-Fähigkeiten
hinzu. Die Gedächtnisleistung wurde sehr stark verbessert, damit auch die
Fähigkeiten, sich zu den Gedächtnisinhalten auch Neues einfallen zu lassen.
In Gedanken beschäftigen wir uns sehr
lange mit gefährlichen Situationen. Reden viel darüber, denken viel nach
und grübeln daran. Damit kann unser Denken genau so wie früher auch den
Körper in Alarmzustand versetzen. Unsere jetzt wesentlich verbesserte
Denkfähigkeit kann noch leichter als zu Urzeiten im Körper eine
Stressreaktion (und Angst) auslösen. Alleine schon die Vorstellung einer
Gefahr erzeugt körperlichen Stress.
Es gibt aber einen großen
Unterschied. Früher verblasste schon sehr schnell dieses Gedanken-Kreisen
und Grübeln – es war vermutlich auch ausreichend Zeit. Und nun kraft unserer
verbesserten Denkfähigkeit drängen sich immer wieder Gedanken an das
schlimme Ereignis auf – und lösen immer wieder eine körperliche
Alarmreaktion aus. Nur der hohe Stress – Level nützt jetzt gar nichts, weil
das schlimme Ereignis nicht direkt durch körperliche Aggression bekämpft
werde kann, noch kann man flüchten.
Immer wieder erzeugt unser Gehirn
Bilder, Erinnerungen und Gedanken an das Ereignis. Es macht damit
etwas, was sich in den vielen 100.000 Jahren bisheriger
Entwicklungsgeschichte sehr gut bewährt hat – aber weiß nichts davon, dass
es in den letzten 10.000 Jahren extrem trainiert wurde – einseitig auf
Leistung, nicht auf Stressreduktion und Entspannung.
Unser hochtrainiertes Gehirn versorgt
uns ständig mit Gedanken an den Stressor, um damit fertig zu werden und
versetzt uns damit in eine ständige Alarmbereitschaft. Ohne Erfolg, die
schlimme Situation bleibt bestehen. Was sich damals hervorragend im Urwald
oder Savanne für unser Überleben bewährte, macht uns jetzt Probleme.
Und genau da setzen die
Entspannungstechniken an: Durchbrechen das ständige Gedankenkreisens und
schalten die körperlichen Stressreaktion ab. Der Mensch kann erkennen, dass
die eigentliche Gefahr schon vorbei ist, oder in der Realität gar nicht
existiert. Es ist dem Menschen erst im entspannten Zustand möglich, andere
Lösungsmöglichkeiten zu erkennen.
Aber das Wichtigste des entspannten
Zustandes: Die Angst vor
dem Neuen ist nicht mehr so bedrohlich und der Mensch kann sich der
Entwicklung von neuen Fähigkeiten zuwenden und mit diesen die Krise
bewältigen.
Milderung der Stressreaktionen
Der Mensch besitzt die Fähigkeit, bei
Bedrohungen rasch auf Kampf und Flucht eingestellt zu werden, dies ist die
Stressreaktion. Mehr zur Stressreaktion in einer Krise unter folgenden Link:
Stressreaktionen in der Krise
Glücklicherweise hat der Mensch auch
die Fähigkeit zur Entspannungsreaktion, die genau der Stressreaktion
entgegensetzt ist.
Bei der
Stressreaktion werden alle erhaltenden und aufbauenden Funktionen zugunsten
der aktivierenden, handelnden Funktionen gedrosselt. Zum Beispiel: Es hat
bei einem Kampf um Leben und Tod keinen Sinn für den Organismus,
aufgenommene Nahrung zu verdauen. Deshalb wird unter starkem Stress die
Verdauung des Organismus abgestellt.
Die Entspannung
kehrt die starken, aktivierenden Prozesse um:
Alle Funktionen des Körpers, die für
ein aktives Verhalten in der Umwelt notwendig sind, werden zurückgestellt - erhaltenden und erholenden Funktionen
werden verstärkt.
Die Entspannung bringt den Körper zur Ruhe, gibt uns eine
Möglichkeit, uns zu erholen. Der Körper füllt wieder seine inneren
Energiereserven, „Müdigkeitsstoffe“ werden entfernt und Verletzungen durch
Anstrengung werden geheilt. Literatur (Lutz Schwäbisch & Siems, Martin,
1987a) Seite 40, 41
Wirkungen der Entspannung auf die Psyche
Auf die Psyche wirken die
verschiedenen Entspannungstechniken sehr günstig: Durch die Entspannung
gleiten wir in einen Zustand der Gelöstheit und Wohligkeit. Sorgen, Angst
und Probleme treten weit in den Hintergrund, der Körper fühlt sich
unbeschwert und angenehm an, man erlebt sich als sicher, geborgen und
beschützt.
Ein Gefühl der Harmonie durchströmt
einen, und man ist erfüllt von positiven Gefühlen wie Zuneigung, Liebe und
Geliebt-Werden. Wenn dieses Gefühl uns einnimmt, dann beeinflusst es unsere
ganze Persönlichkeit und ebenso unsere Gedanken und Phantasien.
Dieser tief entspannte Zustand
enthält die Botschaft: «Ich bin liebenswert. Ich kann lieben. Ich habe
Vertrauen.» Deswegen nennen die Autoren
Schwäbisch & Seems diesen
Vorgang die Stärkung des Grundvertrauens.
In der tiefen Entspannung haben wir
Zugang zu diesem Gefühl des Grundvertrauens. Das kann Ruhe und Kraft geben,
die noch viele Stunden nach dem Auftauchen aus der Entspannung anhalten
können. Die Stressreaktion wird gelöscht und weicht einem Zustand der
Ausgeglichenheit und inneren Sicherheit. Literatur:
(Lutz
Schwäbisch & Siems, Martin, 1987a) Seite 50
Entstressung
Der Entspannungszustand befreit uns
von dem momentanen Stress und verschafft uns eine kleine Ruhepause. Die
Entspannung mildert auch unsere alten, unbewussten
Stresse und löst sie auf. In der Entspannung wird Angst
besonders leicht abgebaut, weil es im vollkommen entspannten Zustand keine
Angst gibt. Ein Grundgefühl des Stresses ist damit beseitigt. Literatur:
(Lutz Schwäbisch & Siems, Martin, 1987b) Seite 45
„Man kann nur entweder unruhig oder entspannt
sein - aber nicht beides gleichzeitig.“, (Angelika Wagner-Link, 1995) Seite
112
Angstlöschung
"Ebenso kann man sich von Außenweltängsten
befreien, indem man die Ängste vor seiner Innenwelt - vor dunklen Gestalten
im Abgrund des Unbewußten - bei Licht betrachtet und «halb so wild» findet.
Der englische Verhaltenstherapeut Marks heilte unterschiedliche Phobien
dadurch, daß er die Patienten mit einem angstauslösenden Tonband
konfrontierte, auf dem eine gefährliche Begegnung mit einem Tiger
geschildert wurde. Verloren die Patienten die Angst vor dieser Phantasie,
die als Modell galt für alles Gefährliche, Bedrohliche und Schreckliche, so
verloren viele als Folgewirkung davon ihre Angst vor ihrem phobischen Objekt
in der Realität." zit: (Lutz Schwäbisch & Siems, Martin, 1987b) Seite 48
Methoden der Entspannung
Es gibt
viele Techniken sich zu entspannen, manche laufen auch von selbst ab, wie z.
B. der Schlaf. Auch viele mehr oder minder
wirkungsvollen Entspannungsversuche sind denkbar, wie leichte körperliche
Arbeit, Spazierengehen, Musik-Hören, Lesen und Vieles mehr.
Zur Stress- und
Angstbewältigung reichen aber die gewohnten Methoden der Entspannung oft
nicht aus, weil für diese Ziele eine besonders tiefe Entspannung gefragt
ist, die sollte leicht erlernbar sein und auch bei großer Angst, Nervosität
oder Panik, gut wirken.
Die wichtigsten Methoden sind:
¤
Meditation
¤
Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen
¤
Autogenes Training
Diese Methoden zur Entspannung sind sie alle einander
ähnlich. Immer geht es um:
¤
Ruhigstellung des Körpers
¤
Ausblenden der Umweltreize
¤
Konzentration auf körperliche Vorgänge
¤
Verringerung der muskulären Spannung
¤
Beruhigung der mentalen Aktivität.
Literatur " (Lutz Schwäbisch & Siems, Martin, 1987a)
Seite 41
Die Verschiedenen Techniken der Entspannung im Detail
Meditation
Es gibt viele
Meditationstechniken, ihre Gemeinsamkeiten sind:
Zurückziehen der Sinne von der Welt und damit sich
vom Tagesgeschehen und Wachbewusstsein zu lösen.
Es wird ein ruhiger Platz aufgesucht, die Augen werden geschlossen
(nicht nach allen, aber nach den meisten Methoden). Damit werden die
Außen-Reize ausgeblendet und Störungen von außen werden vom Meditierenden
abgehalten.
Ein Konzentrationsobjekt wird zu Hilfe genommen, auf
das der Meditierende seine Aufmerksamkeit lenkt. Dies ist der Weg zum
meditativen Bewusstseinszustand. Literatur: (Lutz Schwäbisch & Siems,
Martin, 1987c) Seite 13
Meditation ist eine Methode zur
Bewusstseinsveränderung und Versenkung. Die Art des Konzentrationsobjektes
spielt dabei keine wichtige Rolle. Obwohl manche Meditationsanhänger mit
uralter Tradition, behaupten, dass nur das EINE, das ganz bestimmte
Meditationsobjekte zum Erfolg der Meditation führen könne. Allerdings
spielen bei den Überlegungen dieser Menschen religiöse Aspekte eine
wesentlich wichtigere Rolle als in den westlichen Kulturländern. (Lutz
Schwäbisch & Siems, Martin, 1987c) Seite 15.
Für die Meditation als Mittel zur
Entspannung ist es vollkommen unmaßgeblich, welche Art des
Konzentrationsobjektes verwendet wird. Wichtig ist es, sich auf irgendetwas
zu konzentrieren, z. B. ein Bild, Geräusch, Stille oder den eigenen Körper.
Konzentrationsobjekte können zum Beispiel sein:
¤
Einige Silben (die Silben OM AH HUM) wie bei der
Mantra-Meditation
¤
ein widersinniger Spruch, das KOAN wie bei der Zen-Meditation,
z. B. „Wie klingt das Klatschen, aber nur mit einer Hand?“,
¤
Die Beobachtung von eigenen körperlichen Bewegungsabläufen,
wie beispielsweise beim Tai Chi
¤
Ein optisches Objekt, z. B. eine Kerze oder ein anderes Bild
¤
Musik, angenehme Klänge
Wirkung der Meditation
In der Meditation erfolgt die Entspannung des Körpers
mehr über die Beruhigung und Entspannung des Geistes. Angst-machende
Gedanken werden durch einfache Gedanken („Mantra“) aus dem Bewusstsein
ausgesperrt. Der Mensch sitzt aufrecht, blendet die Umwelt aus, schließt die
Augen und befindet sich in einem stillen Raum. In der Folge entspannt sich
auch der Körper.
Der Muskelverspannungen lösen
sich und flirrenden Nervenüberreizung gehen zurück. (Die „Erfinder“ der
Meditation sahen darin eher eine Begleiterscheinungen, nicht das Sinnziele
des Meditierens).
Während der Meditation werden die Gehirnwellen immer
langsamer. Von einem ruhigen Alpha-Rhythmus geht die Frequenz in den noch
langsameren Theta-Rhythmus über. Ein Rhythmus, der sonst nur im tiefsten
Schlaf vorkommt. Der Entspannungszustand während der Meditation ist ähnlich
wie im Tiefschlaf.
Es gibt also anscheinend einen messbaren Zustand:
Der Geist bleibt bei vollem Bewusstsein bleibt, während das Gehirn alle
Anzeichen des Schlafens erkennen lässt.
Bei transzendentaler Meditation zeigen sich folgende
günstige Phänomene:
¤
der Sauerstoffverbrauch des Körpers nimmt ab, und zwar
gelegentlich sogar tiefer, als das im Schlaf geschieht
¤
der elektrische Hautwiderstand nimmt ab (woran sich der
Grad der Entspannung und Angstfreiheit ablesen lässt)
¤
die Atemfrequenz nimmt ab
¤
das Herz schlägt langsamer und ruhiger
¤
Alpha-Wellen im Elektroenzephalogramm (EEG) treten vermehrt
auf (bei länger Übenden auch Theta-Wellen)
¤
der Blutdruck sinkt
¤
und der Milchsäurespiegel im Blut nimmt ab.
Der
Milchsäurespiegel ist ein diagnostisches Maß für die Angstbereitschaft eines
Individuums und daher bedeutet die Verringerung des Milchsäure-Gehaltes im
Blut ein niedrigeres Angstpotential.
Literatur: (Lutz Schwäbisch &
Siems, Martin, 1987c) Seite 44
Genaueres, wie die Meditation Angst löscht:
Angstabbau durch Meditation
Ein Beispiel der Meditation, hier die „Mantra-Meditation“
Wählen Sie einen ruhigen Platz im Haus, der sollte
auch etwas abgedunkelt sein und angenehm temperiert sein. Setzen Sie sich
bequem hin, sie können auch liegen. Die aufrechte Sitzhaltung wird zwar
empfohlen, ist aber nicht so wichtig.
Zum Erlernen der
Meditation sollte vorerst eine möglichst bequeme Sitzhaltung eingenommen
werden, auch können Sie sich entspannt hinlegen. Für eine Entspannung des
Körpers ist das Liegen am Besten.
Jetzt gehen Sie in Gedanken Ihren Körper durch und
achten darauf, dass keine Muskeln übermäßig angespannt sind.
Und nun zum Mantra, aus drei Silben besteht es:
„OHM“, „AH“, „HUM“. Sagen Sie sich leise die Silben vor und bringen sie sie
mit der Atmung in Gleichklang:
¤
Beim Einatmen „OOOOHHHM“,
¤
beim Ausatmen „AAAAHHHH“.
¤
Dann die Atmung kurz still stehen lassen und sich leise die
Silbe „HUUUUM“ vorsagen.
Und das immer wieder. Bei jedem Atemzug sagen Sie
sich diese Silben. Im Laufe der Zeit wird das Mantra zum Gedanken und genau
das soll es sein: Nur mehr diese drei Silben sind in ihren Gedanken.
Für die Entspannung ist vor allem das kurze
Stillstehen der Atmung und das Denken der Silbe „HUUUUM“ wichtig. Dadurch
wird die Atmung vertieft, die Zahl der Atemzüge wird weniger und mit jedem
Atemzug gleiten Sie in eine weitere Entspannung.
Es kann durchaus sein, dass ihre Konzentration vom
Mantra abschweift. Macht nichts! Lassen Sie den Gedanken einfach stehen und
kehren Sie zum Mantra wieder zurück.
Zeitrahmen: Diese Übung sollte nur kurz sein, etwa 5
Minuten für die ersten Versuche und dann die Zeitdauer langsam ausdehnen. Aber bitte
nicht mit einem Wecker aus der Meditation herausreißen lassen, sondern mehr
auf das eigene Gefühl für Zeit achten.
Nach der Meditation vorsichtig mit sich selbst umgehen und
langsam in den Alltag zurückkehren: Kein grelles Licht, keine lauten
Geräusche und keine großen Anstrengungen in den ersten Minuten nach der
Meditation.
Literatur: (Lutz Schwäbisch & Siems, Martin, 1987c),
(Gerold G.. May, 1980)
Progressive Muskelentspannung
Die Progressive Muskelentspannung
ist ein Verfahren zur systematischen Entspannung. Es wirkt durch die
bewusste Entspannung der Muskulatur des Körpers.
Diese Entspannungstechnik wurde
zuerst 1930 durch den Physiologen
Jacobson (USA) entwickelt. In jüngerer Zeit wurde sein ursprüngliches
Vorgehen geändert, um es einfacher und wirkungsvoller zu machen.
Bei der Progressiven Muskelentspannung lernt man
alle Muskeln des Körpers in bestimmter Reihenfolge kurz anzuspannen (ohne
zu schmerzen!) und wieder bewusst zu lockern. Gleichzeitig werden sehr
aufmerksam die Empfindungen wahrgenommen, die bei der Spannung und
Entspannung auftreten.
Die Fähigkeit sich zu entspannen kann man genau so
lernen wie andere Fertigkeiten, wie Schwimmen, Golfspielen oder Fahrrad
fahren. Allerdings ist die Progressive Muskelentspannung sofort mit Erfolg
gekrönt:
Gleich bei den ersten Versuchen
stellt sich die erwünschte Entspannung ein. Damit ist sie die am leichtesten
erlernbare Entspannungsmethode, die praktisch aus dem Stand heraus, sofort
eine Entspannung bewirkt.
Warum wird mit einer Anspannung begonnen, wo wir
doch Entspannung erreichen wollen?
Jeder braucht im Wachzustand ein gewisses Maß an
Spannung; wenn jemand nicht bis zu einem gewissen Grad angespannt wäre,
würde er schlichtweg hinfallen. Für jeden Menschen ist das Maß an Spannung
verschieden.
Wie funktioniert die Progressive
Muskelentspannung?
Der Klient spannt zuerst eine Muskelgruppe an, etwas
über das Anspannungsniveau hinaus. Die Spannung wird einige Sekunden
gehalten. Dann wieder entspannt und lockergelassen. Diese nun bewusste
Lockerung ermöglicht den Muskeln, sich tiefer als bisher gewohnt, zu
entspannen.
Zuerst Spannung zu erzeugen und dann zu lockern
bringt einen zusätzlichen großen Vorteil: Man lernt dadurch, intensiver auf
das Gefühl der Verspannung der verschiedenen Muskelgruppen zu achten.
Außerdem wird dadurch ein guter Kontrasteffekt
erzielt: Die Unterschiede zwischen den beiden Zuständen werden erkannt.
Genau drauf kommt es an: Die angespannten Muskeln zu erkennen und diese in
der Folge dann bewusst locker zu lassen.
Es werden dann systematisch fast alle Muskelpartien
des Körpers durchgegangen und es kommt zur immer tieferen Entspannung.
Deshalb heißt diese Methode "progressive (lat: stufenweise voranschreitende)
Entspannung"
Zur Progressiven Muskelentspannung bedarf es einer
Anleitung, z. B.:
„Konzentrieren sie sich auf die Fingern und Hände,
machen Sie eine Faust. Sie spüren die Spannung in den Fingern und Hände.
(Pause) Und nun lassen sie wieder los, ganz locker lassen. Sie spüren wie
die Fingern und Hände immer lockerer werden.“
Literatur (Douglas A.. Bernstein &
Borkovec, Thomas D.. & Oeke, Monica & Ullmann, Leonard P., 1975) Seite 57,
58
Körperliche Wirkung der Progressiven Muskelentspannung
"Während der Anspannungsphase wird das Blut aus den
zahlreichen Blutgefäßen des Muskels gepresst. Bei der Entspannung
erweitern sich die Gefäße durch die parasympathische Wirkung stärker als
vor der Anspannung und füllen sich wieder mit Blut. Durch diesen Pumpvorgang
und die Erweiterung der Blutgefäße fließt mehr Blut, und es fließt
schneller. Die Zunahme des Blutvolumens an der Peripherie wird dann oft als
Schwere wahrgenommen.
Das in den erweiterten Gefäßen benötigte Blut kommt mit 37
Grad aus dem Körperinneren, gelangt schnell in die gelockerten Muskeln und
führt meist zu Wärmegefühlen. Diese Entspannungseffekte werden häufig
auch als Kribbeln oder Fließen beschrieben." (Angelika Wagner-Link, 1995)
Seite
Besondere Vorteile der Progressiven Muskelentspannung
¤
Sie ist sehr leicht erlernbar, funktioniert gleich vom Stand
weg.
¤
Durch die Entspannungsanleitung eines Therapeuten werden die
Klienten von zerstörerischen, Angst-machenden Gedanken abgelenkt und der
innere Dialog kommt zur Ruhe.
¤
Die Progressive Muskelentspannung kann auch kurz nach
traumatischen Erlebnissen angewendet werden.
¤
Die Entspannung kann auch zu Hause durchgeführt werden. Hierzu
wird die Entspannungsanleitung von CD oder Tonband abgespielt.
¤
Die erreichbare Entspannung ist sehr tief.
¤
Der größte Vorteil: Die Entspannung wird von den Klienten als
sehr angenehm erlebt.
¤
Die Entspannung hält lange an.
¤
Dauer etwa 15-40 Minuten.
Autogenes Training
"Autogenes Training (J. H. Schultz), synonym:.
konzentrative Selbstentspannung. Eine Methode der -»Entspannung auf
autosuggestivem Wege. Durch genau abgestufte Konzentrationsübungen kommt
man zu einer immer größeren Beherrschung auch der »automatisch« ablaufenden
Körperfunktionen, zu gesteigerter Leistung sowie zu einer Stufe der
Versenkung, in der eine wirksame psychotherapeutische Selbstbeeinflussung
durch »formelhafte Vorsatzbildung« möglich ist. Das autogene Training ist
verwandt mit der »Hypnose sowie mit den Übungen der Yogi zur religiösen
Versenkung. (l) Schultz 1979,
Kleinsorge 1962" (J. H.
Schultz, 1979) Seite 71
Das Autogene Training wirkt gut gegen Stress – wenn
es schon vorher erlernt und eingeübt wurde. Aber in der aktuellen
Krisensituation ist es sehr schwer, vollkommen ohne Vorerfahrung das
Autogene Training zu erlernen. Es kann Monate dauern, bis auch Entspannung
in einer Angst- u. Panik-Situation bewusst erreicht wird.
„Während die Grundlagen des A. T. in sechs bis zehn
Kursabenden im Wochenabstand vermittelt werden können, bedarf es doch eines
regelmäßigen Übens von etwa vier bis sechs Monaten, bis das A. T. sicher
beherrscht wird." (H. Kraft, 1993) Seite 52.
Deshalb ist das Autogene Training als Methode zur
Entspannung in der akuten Krise nur bedingt geeignet.
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